Weingut Leo Maurer Grüner Veltliner Granit Ried Stoizenberg ÖQW Niederösterreich 2021 Flaschenetikett vorne

Grüner Veltliner Maurer vs. Hofstetter

Verkostungsnotiz

Hersteller:Weingut Leo Maurer
Weinname:Granitjuwel
Rebsorte:Grüner Veltliner
Lage:Stoizenberg
Anbaugebiet:Weinviertel
Land:Österreich
Jahrgang:2021
Qualitätsstufe:ÖQW Niederösterreich
Werte:A 13,0% | RZ – g/l | S – g/l
Preis (EVP):ca. 12,00 €
Weingut Leo Maurer Grüner Veltliner Granit Ried Stoizenberg ÖQW Niederösterreich 2021 Flaschenetikett vorne
Weingut Leo Maurer Grüner Veltliner Granit Ried Stoizenberg ÖQW Niederösterreich 2021 Flaschenetikett Rückseite
Hersteller:Weingut Hofstetter
Weinname:Reserve
Rebsorte:Grüner Veltliner
Lage:
Anbaugebiet:Wagram
Land:Österreich
Jahrgang:2021
Qualitätsstufe:ÖQW Wagram DAC
Werte:A 14,0% | RZ – g/l | S – g/l
Preis (EVP):ca. 15,50 €
Weingut Hofstetter Grüner Veltliner GranitReserve Wagram DAC 2021 Flaschenetikett vorne
Weingut Hofstetter Grüner Veltliner GranitReserve Wagram DAC 2021 Flaschenetikett Rückseite

Ab ins Rampenlicht

Was den kalifornischen Weinen ihr legendäres 1976er Judgement of Paris, ist den österreichischen Weißweinen, allen voran dem Grünen Veltliner, das London Tasting im Jahre 2002. Keine Geringeren als Jancis Robinson MW und Tim Atkin MW sowie der schwedische Weinhändler Jan-Erik Paulson hatten zur Blindverkostung geladen. Die international noch nicht etablierten Weine der Alpenrepublik traten gegen die Chardonnays der Superstars an. Darunter etwa der 1990er Corton Charlemagne von Louis Latour, Mondavis Nielson Vineyards Byron Chardonnay 1998 oder auch Penfolds Yattarna aus dem Jahrgang 1997. Das Ergebnis: Neben den ersten beiden Plätze von Knoll und Bründlmayer belegten noch 3 weitere Grüne Veltliner Ränge in den Top Ten. Dazu gesellten sich noch zwei Chardonnay aus Österreich. „An Austrian white but far from a joke? That’s Gru-vee, baby“ betitelte Robinson denn auch ihren Bericht in der Wochenendausgabe der Financial Times vom 16./17. November.

Rückblick

Lange Zeit galt der Grüne Veltliner als Arbeitstier. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde er gemeinsam mit anderen Sorten im Weinberg angebaut und zum Gemischten Satz vinifiziert. Seinen Siegeszug zur österreichischen Traube par excellence trat der GV mit Einführung der sogenannten Lenz-Moser-Hochkultur ab den 1950er Jahren an. Diese Methode der Reberziehung eignete sich gut für die Sorte. Wie Stephen Brook in 2016 festhielt: „Sie war leicht mechanisierbar und brachte hohe Erträge“ bei einer annehmbaren, knackig-frischen Stilistik. Nach dem 1985er Weinskandal dann setzten ambitionierte Erzeuger vermehrt auf Qualität. Der vollmundige, kräftige, komplexe, lagerfähige Grüne Veltliner betrat die Bühne und sollte die internationalen Verkoster, wie etwa beim London Tasting, verblüffen.

Grüner Veltliner Trauben am Rebstock
Quelle: Doris Schneider, Julius Kühn-Institut (JKI), Federal Research Centre for
Cultivated Plants, Institute for Grapevine Breeding Geilweilerhof – 76833 Siebeldingen,

Grüner Veltliner Maurer vs. Hofstetter

2021 – laut ÖWM (Österreich Wein Marketing GmbH) „ein Traumjahrgang, über den man wohl noch lange sprechen wird.“ Dieser spielte insbesondere der niederösterreichischen Paradesorte in die Karten. Lieferte der Grüner Veltliner doch „bei hoher Zuckerreife durchwegs extraktreiche, klirrend frische Weine von ungewöhnlicher Aromenvielfalt und rassiger Säurestruktur“, so die Pressemitteilung im Februar 2022 weiter.

Gerade letzteres macht sich sowohl beim Granitjuwel von Leo Maurer als auch beim Reserve von Hofstetter positiv bemerkbar. Bei Erstgenanntem etwas prägnanter, was vielleicht an den Böden mit niedrigerem pH-Wert liegen mag. Aber bei beiden Weinen war es, so mein Eindruck, eher die milde Weinsäure, die den Ton angab, weniger die spitze Äpfelsäure. Wirkte der Grüne Veltliner aus der Ried Stoizenberg, bei allem Extraktreichtum, etwas leichter, fast tänzerisch, so kommt der Reserve von Hofstetter eher ernsthaft, ja majestätisch, daher, gleichzeitig aber mit einem ultrafeinen Bouquet.

„Das erreiche man nur in besonderen Jahren“, so meinte mir gegenüber Werner Hofstetter. „Und mit absoluter Präzision im Keller.“ Aber schon zuvor, im Weinberg, findet für den Reserve eine Vorlese statt. Dann bleiben nur noch 3 bis 4 Trauben an der Rebe hängen. Und bei deren Lese wird auf die Gesundheit der Früchte ganz besonders geachtet. Im Weinkeller dann werden die Trauben nicht gerebelt, Mazeration für ca. 10 Stunden. „Jede falsche Bewegung, jeder nicht passende Handgriff – und alles wäre zerstört“, so Hofstetter.

Verkostungsnotizen vom 24. Februar 2024

Weingut Leo Maurer, Grüner Veltliner „Granitjuwel“, Ried Stoizenberg, ÖQW Niederösterreich, 2021

Weingut Hofstetter, Grüner Veltliner, Reserve“ ÖQW DAC Wagram, 2021


Im Glas:

klar; helles Zitronengelb mittlerer Farbdichte; Viskosität: mittel

klar, blasses Strohgelb mittlerer Tiefe; Viskosität: mittel plus


In der Nase:

sauber; Intensität: mittel; Qualität: angenehm; Aromen: fruchtig: Kernobst: gelber Apfel, Zitrus: Limette, tropische Früchte: Honigmelone; pflanzlich-vegetabil: frische Wiesenkräuter

sauber; Intensität: mittel; Qualität: angenehm; Aromen: fruchtig: Kernobst: grüner Apfel, unreife Quitte, trop. Früchte: grünes Fruchtfleisch der Cantaloupe-Melone; pflanzlich-vegetabil: frische Kräuter: Brennnessel, Löwenzahn, Pimpernelle


Am Gaumen

trocken; saftig, aber mit strukturgebender Säure und Mineralität; zu den Aromen in der Nase gesellt sich ein wenig weißer Pfeffer am hinteren Gaumen; Länge: mittel

trocken; kräftig und sehr saftig, mit im Hintergrund agierender Säure, gut eingebundener Alkohol; auch hier bestätigen sich die Aromen der Nase, pfeffriger Abgang; Länge mittel plus

Districtus Austriae Controllatus (DAC)

2002 war nicht nur das Jahr des London Tasting. Der erste Jahrgang eines DAC-Weins wurde gekeltert. Die Akteure im Weinviertel hatten sich als erstes österreichisches Anbaugebiet darauf einigen können, dieses 1999 geschaffene gesetzliche Regelwerk für kontrollierte Herkunftsbezeichnungen einzuführen. Im flächenmäßig wesentlichen kleinerem Wagram sollte es noch knapp 20 Jahre dauern, bis auch hier diesem Ansatz eines strategischen Herkunftsmarketings gefolgt wird.

Ursprünglich ging es beim DAC-System um die Festsetzung einer für jedes Anbaugebiet typischen Leitsorte, im Weinviertel etwa der Grüne Veltliner. Aus anderen Rebsorten hergestellte Weine sollten dann als Qualitätsweine unter einer generischen, großräumigen Herkunft firmieren. Für das Weinviertel wie auch für den Wagram etwa Niederösterreich. Mit fortschreitender Implementation dieses Systems kam es hier und da zu Verfeinerungen. Aber eben auch zu so etwas wie einer Verwässerung der ursprünglichen Idee. Im Wagram beispielsweise sind sage und schreibe 13 Rebsorten zugelassen, die teilweise nur auf einigen wenigen Hektar angebaut werden. Als „Erhalt der traditionellen Vielfalt“ (ÖWM) ist dieser Paradigmenwechsel einzuordnen.

Mia san mia

Vor diesem Hintergrund ist die Deklaration des „Granitjuwels“ als generischen Qualitätswein Niederösterreich einerseits, die des „Reserve“ als Wagram DAC andererseits, interessant. Warum wird ein Grüner Veltliner aus dem Weinviertel, der, aus einer Einzellage stammend und damit den Herkunftsgedanken sogar noch näher profilierend, als allgemeiner Qualitätswein deklariert? Und, wie kann es sein, dass der Begriff „Reserve“ auf einem Flaschenetikett auftaucht, obwohl die maßgebliche DAC-Verordnung dieses, meinen Recherchen nach, nicht hergibt?

Die Antworten hierauf sind bodenständiger Natur. Leo Maurer erklärt auf meine Anfrage hin, dass der „Granitjuwel“
sicher auch in das DAC Konzept passen würde, der Name aber im Betrieb und bei den Weinkunden bereits gut im Gedächtnis verankert sei. „Wir im Wagram haben unsere eigenen Gesetzte“ antwortet Werner Hofstetter, den ich telefonisch in einem seiner Weinberge erreichte.

Synopse Weinviertel vs. Wagram

Der Vergleich Grüner Veltliner Maurer vs. Hofstetter ist auch einer der beiden österreichischen Anbaugebiete für Qualitätswein, dem westlichen Weinviertel einerseits und dem Wagram andererseits. Auch, oder weil die Weinberge um Röschitz und um Fels am Wagram kaum 30 Autominuten entfernt voneinander liegen.

Weinviertel

Wagram

Karte:

Karte des österreichischen Anbaugebietes für spezifische Qualitätsweine Weinviertel - westlicher Teil
Karte des österreichischen Anbaugebietes für spezifische Qualitätsweine Wagram

für beide Karten: Kartengrundlage: basemap.at; bearbeitet vom Verfasser

Anbaufläche (ha):

13.841

2.450

Betriebe (Anzahl):

1.432

450

Rebsortenspiegel:

Rebsortenspiegel Weinviertel 2023 nach Angabe ÖWM: Die fünf meist angebauten Rebsorten nach bepflanzter Rebfläche in Hektar
Rebsortenspiegel Wagram 2023 nach Angabe ÖWM: Die fünf meist angebauten Rebsorten nach bepflanzter Rebfläche in Hektar

Böden:

Ried Stoizenberg: im höher gelegenem westlichen und nördlichen Teil saure, sandig-grusige Verwitterungsböden aus Biotitgranit des Thaya-Batholith; am Unterhang lockere Lössbedeckung mit lehmig-schluffigem, kalkhaltigem Tschernosem (Schwarzerde)

nördlicher Wagram; diverse Lagen mit 20 bis 30 Zentimeter Lössauflage.

Klima:

eher trocken, mit warmen Tagen und kalten Nächten, die durch kühle Luft aus dem Böhmischen Massiv nach Süden getragen werden.
Übergangsbereich von einem feucht-milden atlantischen Klima hin zu einem trockenen kontinental-pannonischen Klima
Regenschatten des Böhmischen Massivs mit Höhenzug des Manhartsberg
jährl. Niederschlag < 500 mm
ca. 1.900 Sonnenstunden jährl.

ewtas freundlicher und weniger extrem als im Weinviertel durch regulierende Donaunähe; kühle Nächte gleichen den Löss mit seiner Fruchtigkeit und Fülle durch Säure aus.

DAC-Status ab:

Jg. 2002

Jg. 2021

DAC-Stufe Ausbau:

„Bei herkunftstypischen Weinen (DAC) ist die Verwendung der Zusatzbezeichnung „Reserve“ verboten – sofern nicht ausdrücklich in der entsprechenden DAC-Verordnung anders geregelt.“ (ÖWM)

In der DAC-Verordnung Wagram ist dieser Sachverhalt nicht geregelt.

DAC-Stufe: Herkunft: