
Giant Steps, Pinot Noir, Primavera Vineyard, Yarra Valley, 2021
von Michael Benger / sensationWein – Giant Steps, Pinot Noir, Primavera Vineyard, Yarra Valley, 2021 – Samstag, 24. Februar 2024
Hersteller: | Giant Steps Wine |
Rebsorte: | Pinot Noir |
Anbaugebiet: | GI Yarra Valley (Port Phillip, VIC) |
Lage: | Primavera Vineyard |
Land: | Australien |
Jahrgang: | 2021 |
Werte: | A 13,0% | RZ 0,25 g/l | S 5,7 g/l |
Preis (EVP): | ca. 40 € |

„One (Giant) Step Beyond“
2021, dem Jahrgang des hier besprochenen Primavera Vineyard Pinot Noir von Giant Steps Wine, ist in mindestens zweifacher Hinsicht für dieses Weingut bedeutend. Einerseits stehen Umbrüche für diese so erfolgsverwöhnte Estate aus dem australischen Yarra Valley an. Zäsuren, Wachablösungen und die Arbeit an der Umsetzung neuer Visionen. Andererseits kann in 2021 auf bestes Traubenmaterial einer als hervorragend geltenden Vegetationsperiode zurückgegriffen werden. Was sich in den fertigen Weinen widerspiegelt und bei den Bewertungen der internationalen Weinkritikern fortsetzt. Aber – One Step Beyond.
Staffelübergabe und Tapetenwechsel
Vom Jack of all trades
Zunächst zum „Einerseits“. Da ist 2021 nämlich der letzte Jahrgang unter der Ägide des kongenialen Chief Winemaker Steve Flamsteed. In 2003 stieß der Tausendsassa zum sechs Jahre zuvor gegründetem Weingut hinzu. Nachdem er sich in jungen Jahren als Straßenmusiker in Brisbane verdingte, tingelte „Flamo“ anschließend durch Frankreich. Ein gescheitertes Vortanzen an der École Nationale des Arts de Cirque im damaligen Châlons-sur-Marne trieb ihm die Flausen einer Karriere als Zirkusartist aus dem Kopf. Und führte ihn statt dessen zu Jean de St. Charles vom Château de Bluizard im Beaujolais. Die Weichen waren gestellt. Zurück in Australien absolvierte er das Roseworthy Agricultural College und kochte nebenbei im berühmten Restaurant Pheasant Farm von Maggie Beer in Barossa. In 2016 wurde Flamsteed vom Gourmet Traveller Wine Magazine zum Winemaker of the Year ausgezeichnet. Um dann, im November 2021, den Staffelstab an Melanie Chester zu übergeben.
… zur Überfliegerin
„Ich habe ein großartiges Team und ich denke, ich habe genug Erfahrung, um das Beste aus dem Weingut und den Weinbergen herauszuholen. Giant Steps macht vieles richtig. Es gibt nicht viel zu ändern“, lässt sich Mel in Huone Hookes The Real Review zitieren. Als hochgelobte Absolventin des Fachbereichs Weinbau und Önologie der renommierten Adelaide University kommt Chester mit vielen Vorschusslorbeeren ins Yarra Valley. Ausgezeichnet mit dem Wolf Blass Prize for Excellence in Winemaking (2011) oder dem David Bradley Memorial Prize (2012) etwa.
Erste Erfahrungen mit cool-climate-Rebsorten, wie der Chardonnay und vor allem der Pinot Noir sie verkörpern, konnte Chester bereits von 2012 bis 2015 beim australischen Spitzenweingut Seppelt sammeln. Mit ihrem anschließenden Engagement als chief winemaker bei der Sutton Grange Winery im warmen Bendigo (VIC) allerdings tauchte sie in die Welt des Shiraz ein. Gleichwohl, Flamsteed schwärmt vom außergewöhnlichen „Verständnis für Weinberge“ sowie von „den Details und der Präzision ihrer Weine“ dieser jüngsten Stipendiatin für das renommierte Len Evans Tutorial ever. In seinem hier zitierten Decanter-Magazine-Artikel vom Dezember 2021 kommt Chris Mercer dann auch schnell auf die neuen Herausforderungen zu sprechen. Darunter auch: Die Umstellung auf eine zertifizierte biologische Erzeugung.
„Ch-ch-changes“

Das war die Vorgabe, als das in Kalifornien ansässige multinationale Weinunternehmen Jackson Family Wines vor vier Jahren Giant Steps erwarb. 1982 von Jess Jackson gegründet, besitzt dieser weltweit bekannte Bio-Weinproduzent rund 40 Weingüter in sieben Ländern. In der nördlichen Hemisphäre selbstredend in den USA, aber auch in Frankreich und Italien. Auf der südlich Halbkugel in Chile, Südafrika und ab den 2000er Jahren mit der Yangarra Estate und dem Hickinbotham Clarendon Vineyard im McLaren Vale auch in Australien. Aber der Durst ist groß und die Suche nach cool-climate-Weinbergen liegt im Trend.
„Let’s stick together“
Dabei stürzten sich, wie John Beeston in seinem Buch „The wine regions of Australia“ bereits 2002 festhielt, die big battalions der australischen Weinindustrie verstärkt in den 1990er Jahren auf das Yarra Valley. Mildara Blass (heute Treasury Wine Estates), BRL Hardy (heute Accolade Wines im Besitz der US-amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft Carlyle Group) oder auch Southcorp Wines (heute ebenfalls Treasury Wine Estates) gehörten zu diesen, oft auch argwöhnisch beäugten Invasoren.
Den jüngsten run auf das Tal, etwa der Erwerb von Oakridge durch die Endeavour Group, betrachtet Phil Sexton, Gründer von Giant Steps, mit der Gelassenheit einer vierzigjährigen Branchenerfahrung. „Diese Art von Transaktionen sind großartige Vertrauensbeweise für das, was wir im Yarra tun“, erzählt er 2021 James Atkinson im Podcast Drinks Adventures. Fachkenntnisse, Kapital und Marktzugang werden, so die Galionsfigur der australischen Bier- und Weinindustrie, den Weinbau der Region „auf eine neue Stufe bringen.“ Speziell zum Jackson-Deal lässt er Huon Hooke in The Real Review wissen: „Die Familie hat in den letzten zwei Jahrzehnten ein unschätzbares Engagement für die australische Weingemeinschaft gezeigt, und wir sind zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Vision für die Zukunft des Weinguts haben.“
Road to nowHere
Diese wird aber nicht in Healesville liegen. Hier, in diesem nicht einmal 9.000 Einwohner zählendem Städtchen vor den Toren der Metropole Melbourne, hatte Sexton 1997 seine Zelte aufgeschlagen. Ein außergewöhnlicher, damals auch einmaliger Standort für eine Kellerei im Yarra Valley. Aber mit Bedacht ausgewählt. Mitten in der Stadt am Maroondah Highway, Ecke Badger Creek Road. Dort, wo die erholungssuchenden Melburnians am Wochenende halt machen und einkehren können. In die eigentliche Cellar Door für die Weine, ins Café mit hochmoderner Rösterei, ins angeschlossenen Restaurant oder in die wiederbelebte Matilda Bay Brewery, von der noch die Rede sein wird. Das malerisch gelegene Healesville jedenfalls ist schon lange ein Touristenmagnet.
Die Geschichte des Yarra Valley – Die erste Welle
1838 | Die schottisch-stämmigen Brüder Ryrie pflanzten die ersten Rebstöcke im Yarra Valley und machen es damit zum ältesten Weinanbaugebiet Victorias. |
1849 | Charles Joseph La Trobe, erster Leutnant-Gouverneur von Victoria, lädt eine Reihe von Schweizer Winzern in die Region ein und initiiert eine reiche Weinkultur; Paul de Castella kauft das Anwesen der Ryries und beginnt mit der Herstellung von lokalem Wein. |
1863 | Paul, sein Bruder Hubert und Baron Guillaume de Pury gründen die drei großen Weinkellereien: Yering, Yeringberg und St. Huberts – die Basis der ersten goldenen Ära des Yarra Valley; über 174 Hektar Weinbaufläche, boomender Tourismus |
1877 | Reblausbefall in Victoria verschont das Yarra Valley weitgehend |
1889 | Yering Station gewinnt als erstes und einziges Weingut der südlichen Hemisphäre einen Grand Prix auf der Pariser Ausstellung. |
1901 | Zusammenschluss der sechs britischen Kolonien zur Federation of Australia führt zu stärkerer Konkurrenz durch Weine aus Anbaugebieten in anderen Bundesstaaten |
1921 | Einstellung der Weinproduktion im Yarra Valley – bis 1937 sind alle Weinberge in Weideland umgewandelt; begünstigt durch erstarkte Temperace Movement und neue Regierung, die auf Milchwirtschaft und Molkreiprodukte setzte |
„To the mountains„
Jetzt aber, und das ist die zweite Herausforderung für Melanie Chester, ist doch ein Umzug in die Weinberge geplant. Das neue Weingut wird am Sexton-Weinberg, an den Ausläufern der Warramate Range in der Gemeinde Gruyere, benannt nach der Käsesorte und auf die Agrargeschichte des Tals verweisend, errichtet. Ausreichend finanzielle Mittel sind bei einem derartigen Unterfangen vorausgesetzt. Der in 2016 abgewickelte Verkauf der Marke Innocent Bystander, neben dem Vollblutaraber Giants Steps das Arbeitspferd im Stall Sexton, an das Familienweingut Brown Brothers sollte dazu beigetragen haben. Aber die Jackson-Dollars dürften bei der Konsolidierung des High-End-Bereiches ebenso willkommen sein. Zumal auch der Erwerb weiterer Weinberge in höher gelegenen Arealen des Yarra Valleys sowie in Tasmanien auf der Agenda stehen.
Der 2021er Giant Steps, Pinot Noir, Primavera Vineyard, Yarra Valley
Verkostungsnotiz vom 24. Februar 2024
Im Glas:
nicht ganz klar, etwas stumpf (ungefiltert); blasses Granatrot; Farbtiefe: mittel–, Viskosität: mittel
In der Nase:
sauber; Intensität: mittel–; Qualität: angenehm bis vielschichtig; Aromen: fruchtig: Weichsel, Himbeeren, Preiselbeeren, Granatapfel; Gewürze: Nelken, Sternanis, etwas Wacholderbeeren
Am Gaumen:
trocken; die gut austarierten fruchtigen und würzigen Aromen bestätigen sich am Gaumen; an der Zungenspitze eröffnet eine charmante Fruchtsüße eine zugleich elegant-feine, wie auch saftige Harmonie von Säure und Alkohol; getragen von samtigen Tanninen in einer Quantität von mittel–; Länge: mittel++
„Who Loves the Sun?“
Nun zum Andererseits. Wie eingangs erwähnt – der Jahrgang 2021 gilt als hervorragend. „Wir hatten ein nasses Frühjahr, gefolgt von einer gesunden Menge an Sonnenschein und einigen gut getimten Regenfällen im Januar. Das führte zu einem großen grünen, gesunden Blätterdach. Die Gesamttemperatur während der Vegetationsperiode war niedriger als der Durchschnitt, was zu einer langen, langsamen Reifezeit und einer großen Konzentration von Aromen und einer natürlichen Tanninstruktur beitrug“, heisst es auf der homepage des Weingutes.
Insgesamt als kühles bis kaltes Weinbaugebiet eingestuft, bedingen die unterschiedlichen Höhenlagen und Expositionen ein sehr variables Mesoklima. Der 12 Hektar umfassende Primavera Vineyard in Woori Yallock liegt auf ca. 240 bis 300 Metern NHN mit nördlicher und nordöstlicher Ausrichtung. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge in diesem Gebiet liegt bei etwa 750 Millimetern. Davon fallen aber kaum mehr als 200 mm zwischen Oktober und April. Tröpfchenbewässerung ist daher Standard.

„Identity“
Die Pinot-Reben stehen hier auf einem roten tonigem Lehmboden basaltischen Ursprungs mit niedrigem ph-Wert und guter, aber nicht übermäßiger Drainage. Es handelt sich einerseits um den Dijon-Klon 115, der in den 1990er Jahren aus Frankreich nach Australien importiert wurde. Er liefert Beeren mit einem mittlerer bis hoher Zuckergehalt, niedriger bis mittlerer titrierbarer Säure und einer insgesamt als hoch einzustufenden Qualität. Die Weine seien aromatisch und komplex. „Mehr als bei den kalifornischen UCD-Klonen“, wie es in einem Bericht des westaustralischen Department of Primary Industries and Regional Development’s Agriculture and Food aus 2021 heißt.
Der zweite im Primavera Vineyard vertretene Klon, der MV6, ist auch als Busby 1832 bekannt. Er soll ursprünglich aus dem Clos Vougeot stammen, wurde in der Griffith Viticultural Research Station aus Stecklingen von alten Rebstöcken der Mt. Pleasant Vineyards im Hunter Valley selektioniert und 1971 von der zuständigen Behörde, der CISRO, freigegeben. Er ist der in Australien am häufigsten anzutreffende Pinot-Klon und gilt mit seinem konzentriert pflaumigen und fleischigen Noten sowie seinem strukturgebenden Körper als gute Basis für Cuvées mit anderen Pinot Noirs.
Magische Formel

Die wesentlichen Eigenschaften eines typischen Pinot Noir aus dem Yarra Valley sind seine helle Farbe und seine elegante Struktur. Kein Vergleich zu den viel dunkleren, tanninhaltigeren Weinen aus Tasmanien oder dem neuseeländischen Central Otago beispielsweise, welche die Juroren bei internationalen Wettbewerben ob ihres beeindruckenden Aussehens und ihres Drucks am Gaumen oft genug präferieren. Zurückzuführen ist das aber nicht auf übermäßige Erträge. Im Gegenteil. Viele der führenden Winzer im Yarra erzeugen in etwa 2.000 Kilogramm respektive 35 Hektoliter je Hektar. Das entspreche der magischen Formel eines Bourgogne Grand Cru, wie Huon Hooke berichtet.
Die Ursache, so erklärt Flamsteed, liege in den unterschiedlichen Breitengraden. Die beiden oben erwähnten Pinot-Noir-Hotspots der sogenannten „Neuen Welt“ liegen weiter südlich als das Yarra Valley. Und haben somit eine viel längere Sonnenscheindauer. Genau das bedinge aber die vermehrte Bildung von Anthocyanen, den Farbpigmente in den Traubenschalen, die wie eine Art Sonnencreme als Schutz dienen. Überhaupt, zitiert der 2021 in The Real Review erschienene Artikel „Pinot noir in colour“ den scheidenden Winemaker, „die Pinot-Beeren in Tassie seien kleiner und schwärzer, kleine klumpige Dinger“.
„My way“
Damit aber nicht genug. Auch die Arbeit im Keller, die Traubenverarbeitung, begünstigt diesen eher zurückhaltenden Stil. Handgelesen und Kühlung der Trauben über Nacht bei 12°C. Vor der Gärung in kleinen Eichenholzbehältern sowie offenen Edelstahlbehältern wurden die Trauben zu etwa 50 % entrappt und dann, getrennt nach den Klonen, einer Ganzbeerengärung mit wilden Hefen unterzogen. Durch diese Vinifikation neigt der Pinot Noir dazu, noch mehr an Farbe zu verlieren. Auf der Haben-Seite aber steht eine „durch die Glycerole und andere Dinge als Tannin erreichte Textur“, so Flamsteed. Dieser burgundische Ansatz werde bei Giant Steps favorisiert. Duft und Finesse sind hier die Themen.
Letztlich schafften es Beeren aus sämtlichen Plots des Primavera Vineyard in die endgültige Cuvée des Jahrgangs. Keine Selbstverständlichkeit. Wie gesagt, 2021 war ein außergewöhnlich guter Jahrgang.
„People must have something good to read„
Vom Giant Steps 2021 Pinot Noir Primavera Vineyard Yarra Valley sind die Kritiker begeistert: Philip Rich gibt 97 Punkte. „So rein und duftend nach Sauerkirschen, reifen roten Johannisbeeren und frisch geschnittenen Rosen“, schreibt er im Hallyday Wine Companion. Und ergänzt: „Ein Wein mit sofortiger Anziehungskraft.“ Von The Wine Front kommen 95 Punkte. Campbell Mattinson spricht von einer hervorragenden Abfüllung, hebt das ultrafeine Tannin hervor und meint, „sein überschwänglicher Duft und die leichte Süße der Frucht tragen dazu bei, einen Eindruck von Großzügigkeit zu vermitteln.“ Schließlich Huon Hooke, The Real Review: „Ein großzügiger Pinot von konzentrierter Intensität und langem Abgang. Er ist raffiniert und aromatisch, aber auch kraftvoll, ein Wein mit viel Charme.“ 94 Punkte vergibt der renommierte australische Weinautor.

Erin Larkin gibt im Juni 2022 95+ Punkte für den RPWA. „Viel Rot“, fasst sie die Palette der zu entdeckenden Früchte zusammen. „Die Frucht ist offen und verführerisch, aber sie hat eine sanfte Kräuternote, wie Rosenblüten (speziell David Austins Boscobel-Rose), Moschus und Turkish Delight.“ Auf den Punkt gebracht: „Wunderschön“. Weitere Noten: James Suckling 94 Punkte, Wine Spectator / MaryAnn Worobiec 93 Punkte, Wine Enthusiast / Christina Pickard 94 Punkte.
Guerilla-Bier statt Skimpies
Die Geschichte des Yarra Valley – Die zweite Welle
1962 | Reg Egan von Wantirna Estate pflanzt die ersten neuen Rebstöcke in der Region |
1968 | bis 1975 werden heute renommierte Weingüter wie Fergusson, Yarra Yering, Mount Mary, Seville Estate, Warramate, Yarra Burn und Chateau Yarrinya (jetzt De Bortoli) gegründet; Yeringberg und St Huberts werden reaktiviert |
1973 | Dr. Bailey Carrodus setzt mit Yarra Yering die Benchmark für qualitativ hochwertige Weine aus cool climate Regionen (unbewässert, ertragsarm) |
1980 | eine zweite Gründerphase in den 80ern befördert das Yarra endgültig auf die Weinbaukarte Australiens: Die Familie Besen gründete 1982 TarraWarra, gefolgt von Yarra Ridge ein Jahr später. Der Weinschrift- steller James Halliday gründete Coldstream Hills, und die Familie Klapp gründete 1985 Long Gully |
1996 | die Australian Geographical Indication „Yarra Valley“ wird am 30. Oktober in das Register der geschützten Namen eingetragen |
2006 | Auftauchen der Reblaus im Yarra: kostenintensive Neuanpflanzung veredelter Reben, aber auch Rationalisierung (Ausrichtung, Dichte, Sorten) |
2019 | Eröffnung des ersten kommunalen Weingutes Australiens zur Förde- rung junger, experimentierfreudiger Winzer*innen |
Als Jazz-Liebhaber benannte Sexton einst sein Weingut nach dem berühmten Album von John Coltrane. Nur ein Beispiel für den Geschäftssinn und das Talent für den Markenaufbau des gebürtigen Melburnian, der allerdings in Westaustralien aufgewachsen ist. Hier macht er auch seine ersten und schnell erfolgreichen Gehversuche in der Getränkewelt. 1981 gründete er in Margaret River das Weingut Devil’s Lair, benannt nach einer Kalksteinhöhle im nahen Leeuwin–Naturaliste Ridge.
1984 dann, nach seinem Studium der Fermentation and Brewing Science an der University of Birmingham, rief er mit Freunden die Matilda Bay Brewing Company ins Leben, Australiens erste Craft-Brauerei. In England hatte er eine Bierkultur kennengelernt, die so gar nichts mit dem burschikosen und kleingeistigen Milieu damaliger australischer Arbeiterkneipen, in denen für Frauen nur als Skimpy Barmaids Platz war, gemein hatte.
„Giant Steps“ der „Little Creatures“
Beides verkaufte Sexton. Matilda Bay bereits 1990 für 23 Millionen Dollar an Carlton & United Breweries, Devil’s Lair 1996 an Southcorp, heute Treasury Wine Estates. Um dann, 1997 und zurück in Südaustralien, Giant Steps aufzubauen. So ganz kam er aber nie vom Bier weg. Im Jahr 2000 war er Mitbegründer der Little Creatures Brauerei, benannt nach dem sechsten und erfolgreichsten Studioalbum der Talking Heads – die wohl einflussreichste Craft-Brauerei des Landes. Und in 2019 verkündete er die Wiedereröffnung von Matilda Bay in Zusammenarbeit mit aktuellem Markeninhaber, den Carlton & United Breweries. Dieses mal aber in Healsville.
„Er ist ein echter Unternehmer mit einem versierten Einblick in Verbrauchertrends und einer nachgewiesenen Fähigkeit, Marken zum Leben zu erwecken und einen erheblichen Wert zu schaffen“, zitierte 2012 die Wirtschaftsjournalistin Julie-anne Sprague in ihrem Artikel in der Australian Financial Review den damaligen CFO des Getränkekonzerns Lion, Jamie Tomlinson. Ein gewiefter Geschäftsmann also? „In erster Linie bin ich ein Winemaker“ , konterte Phil Sexton.